Ich frag für `nen Freund

Suza ist wieder da. Sie sitzt Mone gegenüber und starrt sie an. Hubert hat seine Liebeslieder-Playlist aufgelegt und Suza atmet sehr tief ein und aus. Ihre Augenringe haben olympische Ausmaße angenommen, eine große Sonnenbrille verdeckt ihre roten Augen. Mone greift nach ihrer Hand und sieht sie an.
„Sag mal,“ spricht Suza plötzlich leise und hebt ihren Blick. „Also, ich frag für `nen Freund …“
„Natürlich…“ Mone nickt.
„Was ist schlimmer: Wenn jemand, den du sehr liebst, stirbt, oder, wenn dich jemand nicht mehr liebt, dem du ewige Liebe schwören würdest? Theoretisch.“
Mone überlegt nicht lange: „Wenn jemand stirbt, dann hat er dir seine Liebe ja nicht entzogen. Also letzteres.“

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Funken & Kamele

Mone sitzt am Fenster und genießt die Wärme der ersten Frühlingssonne, die durch das Fenster der Limobar dringt. Ihr gegenüber sitzt Hubert. Er schielt und lächelt immer wieder zur Theke hinüber, wo eine Frau strahlend Getränke mixt. Sie ist eine wahre Erscheinung.
Suza ist nicht erschienen. Karneval hat voll eingeschlagen und sie liegt mit Angina im Bett.

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Müllblumen

From lovers to strangers

Mone sitzt nervös an einem der Zweiertische in der Limobar und dreht den Strohhalm zwischen ihren Händen hin und her und wieder zurück. Hubert beobachtet sie aus sicherer Entfernung und bereitet auf Verdacht schon einmal Suzas Getränk zu. Diese kommt just durch die Tür und lässt sich erschöpft auf den Stuhl gegenüber von Mone sinken. Sie hat dunkle Augenringe, wirkt gealtert, gerädert, etwas verwirrt. Hubert stellt ihr schnell ihr Getränk hin, das sie in einem Schluck hinunterkippt. Mone spart sich überflüssige Begrüßungsfloskeln und fragt frei heraus:
„Und?“
Sie kriegt die Antwort umgehend: „Sie ist weg!“
Mone nickt zufrieden. Dann kommt ihre Verunsicherung klarer zum Vorschein, weil es Suza nicht zu freuen scheint: „Und … das ist doch gut?! Möchte ich euer Verhältnis doch als hochgradig toxisch bezeichnen.“

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Perfekt

Es ist der erste wirklich schöne Tag des Jahres und wir sitzen im kleinen, aber feinen Biergarten der Limobar. Die Sonne strahlt uns auf die Nase, Mone öffnet ihr Dekolleté ein wenig, um über jeden nur möglichen Zentimeter ihrer Haut die so lang vermisste Wärme spüren zu können.
Hubert hat den Sommer schon eingeläutet, indem er die Getränke nun mit Schirmchen präsentiert. Auch das Bier. Der Winter war einfach zu trübe und zu lang.
Ich schließe die Augen und habe umgehend eine Frage. An mich selbst. Aber zunächst an Mone.

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Vorbei

Ich sitze an einem Tisch in der Limobar. Ich habe einen Platz gewählt, von dem aus ich die Theke und Hubert sehen kann und die Tür. Ab und an kommen neue Gäste herein und schütteln sich den Regen von den Jacken. Ich bin alleine. Mone ist nicht da. Ich fühle mich unendlich allein. Einsam. Meine Seele ist so wolkenverhangen wie der Himmel draußen. Als könne Hubert in mich hineinsehen, kommt er zu mir an den Tisch und setzt sich. Das Mitleid in seinem Blick hüllt mich in einen warmen, imaginären Mantel.

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Große Kleinigkeiten

Große Kleinigkeiten

Nahezu entsetzt starre ich auf Mones Hände, die die meinen halten. Wir sitzen in alter Tradition und wie sehr lange schon nicht mehr an einem Tisch in der Limobar, während Hubert so tut, als poliere er Gläser.
Zwei Dinge sprechen für Mones Verhalten. Die Pandemie samt Kontaktbeschränkungen ist längst vorbei. Und ich habe sehr schöne und weiche Hände. Zwei Dinge sprechen dagegen: Valentinstag ist auch vorbei und wir wollen ja nicht versehentlich noch Lesben werden.

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Aller guten Dinge sind beide Arme

Hubert ist betrübt. Er reicht mir zwei Gläser blutroten Tomatensaft mit Pfeffer und als ich ihm sage: „Das war verdammt knapp, was?!“, verengen sich seine Augenschlitze und sein Blick soll wohl töten. „Tut mir leid“, schiebe ich schnell hinterher, als ich mich entferne und zu Suza hinübergehe. Wir wollen Hubert unterstützen, denn er hatte sich so gefreut, dass er den Biergartenbereich hätte öffnen dürfen, wenn nicht kurz vorher der Inzidenzwert von über 100, also 100 Corona-Infizierte pro 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen, überschritten worden wäre. Und somit die Notbremse gezogen wurde. „Inzidenzwert … ein Begriff, den jeder Grundschüler erklären kann dieser Tage …
Ich wünsche mir eine Erklärung für dieses Hin und Her an Bestimmungen in der Pandemie, das mittlerweile kein Mensch mehr überblicken kann. Als ich 50 Schritte gegangen bin, hänge ich noch mal 25 dran, weil ich kurze Beine habe. So bin ich sicher, dass ich den, von der Regierung geforderten, Mindestabstand zur Ausgabestelle von Getränken einhalte. Ich überlege, ob dieser Tomatensaft in meinen beiden Händen tatsächlich das Gefühl von Urlaub und Im-Flieger-sitzen simulieren kann.

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Alles normal

Ich sitze am Straßenrand und warte. Auf Suza. In der linken Hand, wie in der Rechten, habe ich je ein Glas Limo. Mit dem Fuß schiebe ich ein Stöckchen vom einen Kopfsteinpflasterstein zum nächsten und zurück. Als ein Auto vorbeikommt, ziehe ich die Füße ein. Es ist das erste Auto innerhalb der halben Stunde, in der ich nun hier hocke. Ich denke, dass Suza unbedingt etwas an ihrer Pünktlichkeit tun muss. Die hat in letzter Zeit wirklich schwer nachgelassen. Dann sehe ich sie um die Ecke biegen und in meine Richtung schlendern. Ob sie lächelt, weil sie mich sieht, kann ich aus der Entfernung nicht beobachten. Sie trägt eine Gesichtsmaske.

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Covidioten

Mone und ich betreten das kleine Geschäft des griechischen Gyros-Bauers unseres Vertrauens. Wir wollen in die Limobar, aber seit Corona stellt uns Hubert keine Salzstangen mehr auf den Tisch. Wir werden also Hunger bekommen und dem wollen wir vorbeugen.
Der Imbiss ist recht leer. In einer Ecke sitzt ein molliger Rentner und lutscht schweigend seine Pommes. Kostas und seine Frau bewegen sich geschäftig hinter der Theke, die durch Plexiglas vom restlichen Raum abgetrennt ist. Spuckschutz im großen Stil. Wir wissen, was wir wollen und bestellen. Dann warten wir. Vor uns hat eine Frau im besten Alter bestellt. Sie trägt ihre Maske unter der Nase, rückt sie alle zwei Minuten mit ihren Fingern auf ihrer Lippe hin und her. Sie hat eine ausgelutschte blonde Dauerwelle auf ihrem Kopf. Und „Dauerwelle“ ist nun auch ihr Thema, über das sie leider zu sprechen beginnt.

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Gute Gründe gibt es nicht

Der Januar ist zur Hälfte rum und wie jedes Jahr sitze ich um diese Zeit Suza gegenüber und habe ihr eine – und immer dieselbe – Frage gestellt. Ich warte auf ihre Antwort und sehe dabei zu, wie Hubert die Weihnachtsdeko abhängt und durch Karnevalsgirlanden ersetzt. Den ein oder anderen Osterhasen stellt er auch schon einmal auf. Seine Begründung dafür: „Die Zeit rennt. Dieses Jahr will ich mich von ihr nicht überholen lassen!“
Suza holt einmal tief Luft und beginnt mit der Antwort meiner Frage, indem sie die Frage wiederholt, was jeder tut, der sich seiner Antwort noch nicht so ganz sicher ist:
„Warum ich das Dschungelcamp gucke?“

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